Mein Küchenmesser entsteht
Heute ist der große Tag. Unter der Anleitung von Meister Keiichi soll endlich mein eigenes Küchenmesser entstehen. Die Vorbereitungen sind getroffen. Der Schmied hat einen hervorragenden Dreilagen-Stahl gefertigt und grob in Form gebracht. Die Griffmacher haben einen klassischen Steckgriff aus Ho-Holz hergestellt. Jetzt gilt es aus dem unscheinbaren Stück Eisen ein glänzendes – superscharfes Küchenmesser zu machen. Das kann nicht so schwer sein, denke ich und mache mich mit meinen Mitstreitern auf den Weg.
Meister Keiichi und seine Werkstatt
Wir treffen uns mit dem Meister in seiner Werkstatt. Er ist, wie viele hier in Sakei, ein Solist. In seinem Reich würde sich auch kaum ein anderer zurechtfinden. Alles mutet recht chaotisch an. Kaum zu glauben das hier einer der besten Schleifer Japans arbeitet.
Jeder Quadratzentimeter des Raumes ist mit Maschinen und Material gefüllt. Es herrscht eine bedrückende Enge. Tiefhängende Werkstattlampen erleuchten spärlich den Raum. Ein leuchtend grün-brauner Glasquader entpuppt sich als Aquarium. Überall liegen, scheinbar achtlos abgelegt, halbfertige und fertige Messer. Einige absolute Raritäten sind darunter, für die Sammler hierzulande ein Vermögen ausgeben würden.
Mein Küchenmesser - Erste Schleifversuche
Wir bekommen unseren Rohling ausgehändigt. Meister Keiichi macht es vor – wir sollen es nachmachen. Er beugt sich über einen gewaltigen rotierenden Stein und trägt grob die ersten Schichten Material ab. Das Messer wird dazu in ein Brett eingespannt. Sieht einfach aus – denke ich – stellt sich aber unglaublich schwierig heraus. Fast reist mich der Stein mit. Es ist beinahe unmöglich die Klinge überhaupt festzuhalten – geschweige denn dass auch so auch noch etwas Sinnvolles entstehen soll. Mit unglaublicher Geduld erklärt mir der Meister immer wieder wie es geht. Schließlich halte ich schweißgebadet das Ergebnis meiner Arbeit in der Hand. Arbeitsgang eins ist geschafft. Arbeitsgang 1 von 15.
Schleifen bis der Meister zufrieden ist
Es folgen Arbeiten auf verschiedenen Steinen. Der Hohlschliff wird aufgebracht. Immer feiner werden die Körnungen. Schließlich erfolgt die Politur. Am Ende schließlich wird mein Messer ganz klassisch auf einen Wasserschleifstein geschliffen. Hier bin ich wieder in meinem Element. Routiniert beginne ich mit der Arbeit – 15 Grad links - 15 Grad rechts…Grad entfernen…Abziehen. Stolz präsentiere ich dem Meister das Ergebnis. Keine Reaktion. Er macht’s noch mal vor. Besser. Naja - wieder was gelernt.
Mein Respekt vor der handwerklichen Leistung ist an diesen Abend noch größer geworden. Danke an Meister Keiichi für diese großartige Erfahrung. Das Messer ist trotz kleinerer Unzulänglichkeiten zu meinem absoluten Favoriten geworden. Nie würde ich es hergeben. Familie und Freunde dürfen es lediglich ehrfürchtig betrachten. Das Benutzen bleibt allein mir vorbehalten
Matthias Wimmer